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Trailcenter für Outdoor-Sportarten

Leseprobe aus sb Heft 4 2021
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Ein neuer Typus Sportanlage, um mehr Menschen zu bewegen

Veröffentlichung in sb Heft 4/2021

Trailcenter für Outdoor-Sport werden mit der Vision entwickelt, eine Sportanlage für diverse Sportarten in Parks und in der Natur einzurichten. Sie vereinen viele Funktionen an einem Ort. Es handelt sich um einen Anlagentypus, mit dem Sportgemeinschaften völlig neu gedacht, Sportler aller Sportarten auf neue Weise verbunden und der organisierte mit dem selbst organisierten Sport zusammengebracht werden.

Aktivsein in der Natur erlebt derzeit einen Boom. Immer mehr Menschen nutzen die Natur als Umgebung für ihre sportlichen Aktivitäten. Im Kern hat sich die Natur zum bevorzugten Ort für sportliche Aktivität entwickelt. Allerdings fehlen allgemein Sportanlagen in Parks und anderen Außenräumen. Laufgruppen, Orientierungsläufer, MTB-Vereine und Radsportgruppen treffen sich häufig auf Parkplätzen, wo sie sich mit Tischen und Bänken oder einem einfachen Unterstand als Ausgangspunkt für ihre Aktivitäten begnügen müssen. Dies sind schlichtweg die einzigen Treffpunkte, die es in Parks und in der Natur gibt. Einige Sportler verabreden sich auch an Tankstellen. Hier können sie wettergeschützt aufeinander warten, isotonische Getränke kaufen, ihre Reifen aufpumpen und ihr Fahrrad waschen. Doch dies ist sicher nicht die ideale Lösung. Tankstellen liegen oft weit entfernt von den Orten, an denen Sport getrieben wird, und sie passen nicht in das Konzept von Sportvereinen.

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Foto: Tina Liv

Das Entwicklungsprojekt muss inspirieren

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Foto: Tina Liv

Der wachsende Bedarf an Sportanlagen und Sporttreffpunkten in Parks und in der Natur war der Ausgangspunkt für die vom dänischen Sportdachverband DIF im Jahr 2016 entwickelte Idee, Trailcenter für Outdoor-Sportarten zu entwickeln. Seither wurde das Trailcenter-Konzept in ein gemeinsames Entwicklungsprojekt mit der Dänischen Stiftung für Kultur und Sportstätten (LOA), verschiedenen Kommunen und anderen Akteuren überführt.

Das Projekt umfasst die Entwicklung und die Evaluierung des Konzepts mittels Bau von fünf sehr unterschiedlichen Trailcentern in sehr unterschiedlichen Umgebungen, das heißt im urbanen Umfeld, in ländlicher Umgebung, in einem privaten Wald, einem Stadtpark sowie öffentlich und privat finanzierte Zentren. Auf diese Weise können unterschiedliche Lösungen erarbeitet und Erfahrung mit verschiedenen Ansätzen und Herausforderungen gesammelt werden. Gemein ist den fünf Trailcentern, dass sie im Rahmen eines umfassenden Entwicklungsprozesses unter Beteiligung der örtlichen Sportvereine und Anwohner geplant und gebaut werden. Der Prozess umfasst vier bis fünf Workshops und muss einen Dialog zwischen den Architekten und den Nutzern herstellen, um zu gewährleisten, dass eine geeignete architektonische Lösung gefunden wird. Gleichzeitig sollen aber auch ein Zusammengehörigkeitsgefühl der unterschiedlichen Sportarten sowie ein Gefühl der Eigenverantwortung bei den Nutzern erzeugt werden.

Aktivorte und Treffpunkte für Sport im Freien

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Foto: Ulf Elbrønd

Das Gesamtkonzept für die Trailcenter lässt sich beschreiben als eine Kombination aus Vereinshaus, Lagerraum und Treffpunkt in der Natur, also in der Nähe von Wäldern, Seen, Flüssen, Wegen und Routen. Die Trailcenter sollen als Servicegebäude und Treffpunkte für diverse Outdoor-Sportarten dienen, unabhängig davon, ob man laufen, Rad fahren, skaten, segeln oder schwimmen möchte. Hier beginnt und endet die Trainingseinheit, hier kann man sich ausruhen und stärken, Erlebnisse teilen, Trainingselemente besprechen und sich von unterschiedlichsten Sportarten inspirieren lassen. Die Trailcenter sind ein Treffpunkt für Mountainbiker, die hier vor dem Start noch ihre Reifen aufpumpen können, für Läufer, die sich nach dem Lauf dehnen können, für Rollskiläufer, die kurz ihre Ausrüstung ablegen und einen Schluck trinken können, für Orientierungsläufer, die nach dem Lauf die Routenwahl besprechen können, sowie für viele andere Aktive.

Stellen Sie sich einen lebendigen Ort vor, an dem Sie sich von den anderen Nutzern des Trailcenters motivieren und inspirieren lassen. Das Trailcenter ist den ganzen Tag über frequentiert, sodass man immer Gesprächspartner trifft, ganz gleich ob man zum Gruppentraining kommt oder alleine eine Trainingseinheit absolvieren möchte.

Viele Funktionen an einem Ort

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Foto: Tina Liv

Die Trailcenter müssen für organisierte Sportvereine, die lokale Bevölkerung, Touristen und allen anderen, die sich in der Natur bewegen möchten, ausgelegt sein. Deshalb fordern die Trailcenter die herkömmlichen Ansätze heraus und lösen sich von der klassischen Unterteilung in selbstorganisierte Sportarten und Vereinssport. An den Trailcentern trifft man Menschen aus diversen Sportarten und kann sich über die verschiedenen Sportmöglichkeiten in der Region informieren, beispielsweise Laufstrecken, MTB-Routen und Kontrollpunkte für den Orientierungslauf. Die Trailcenter umfassen auch einen Gemeinschaftsraum für Sportvereine, einen Lagerraum für Ausrüstung und einen überdachten Aktivitätsbereich, der für alle Nutzer rund um die Uhr zugänglich ist. Der Aktivitätsbereich kann für Trainingsübungen, Stretching und als Treffpunkt vor und nach dem Training genutzt werden.

Außerdem müssen in den Trailcentern auch Serviceeinrichtungen für Sportler vorhanden sein, zum Beispiel Streckenbeschreibungen, Umkleiden, Schließfächer, Wasserspender und ein Waschplatz für Fahrräder oder Kinderwagen. Einige Trailcenter werden auch mit Geräteräumen für den Verleih von Karten und Kompassen, Rollschuhen, Rollskier, Mountainbikes, SUP-Brettern oder Kajaks ausgestattet. Besucher und Passanten können hier spontan und unkompliziert verschiedenen Sportarten ausprobieren.

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    Foto: Tina Liv

    Um den Erfolg der Trailcenter sicherzustellen, definierten die Projektteilnehmer standort- und gestaltungsbezogene Mindestkriterien sowie Mindestanforderungen für Informations- und Serviceangebote:

    • Standort im Zentrum eines abwechslungsreichen Netzes von Wegen, Routen und Pfaden, bevorzugt mit Markierung
    • Standort in attraktiven Parkbereichen, Landschaftsteilen oder Naturräumen
    • Bereitstellung von Informationen zum Beispiel zu Gelände, Streckenlängen, Schwierigkeitsgraden und Höhenunterschieden
    • Parkplätze 
    • Gemeinschaftsraum, der allen Sportvereinen zur Verfügung steht
    • überdachter Bereich, zum Beispiel als Treffpunkt, für Aufwärmübungen, Bauchmuskeltraining
    • gutes Angebot relevanter Servicefunktionen

    Entwicklung von Trailcentern für Outdoor-Sportarten

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    Foto: Ulf Elbrond

    Trailcenter verfolgen unterschiedliche Zielsetzungen:

    • Verbesserung des sozialen Miteinanders und gegenseitigen Verständnisses verschiedener Nutzergruppen und damit Abbau von Konflikten
    • Angebot relevanter Servicefunktionen, die die Anforderungen vieler verschiedener Nutzergruppen an einem Ort erfüllen
    • einen Beitrag dazu leisten, dass mehr Menschen (auch Kinder) sportlich aktiv werden und sich bewegen, durch Inspiration und Motivation zu körperlicher Aktivität in der Natur, und indem diese Aktivitäten einfacher, sozialer, angenehmer, bequemer und „sicherer“ gemacht werden
    • Schärfung des Bewusstseins und Interesses von Sportlern und anderen Aktiven für die Natur und die Landschaft, die den Rahmen für ihre Aktivitäten bildet
    • Inspiration anderer Akteure zur Einrichtung hochwertiger Trailcenter auf der Grundlage der vorstehend genannten Ziele

    Die übergreifende Vision des DIF und der LOA für die Entwicklung von Trailcentern besteht darin, Entscheidungsträger aus den Bereichen Sport und Natur für dieses Konzept zu begeistern. Langfristig besteht daher die Hoffnung, dass Trailcenter in Parks und Naturgebieten in ganz Dänemark allgemein weite Verbreitung finden werden.

    Das erste Trailcenter für Outdoor-Sportarten wurde 2020 erbaut

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    Foto: Ulf Elbrønd

    Das erste von fünf Trailcentern im Projekt wurde im vergangenen Jahr in einem urbanen Umfeld errichtet. Das Trailcenter befindet sich in der süddänischen Stadt Kolding. Es verbindet Stadt und Natur und wurde als Schnittstelle zwischen dem urbanen Raum und der natürlichen Umgebung konzipiert. Mit seiner Lage in der Stadt am Rande eines großen Flusstals hat sich das Gebäude sowohl physisch als auch konzeptionell zu einem Tor zu den Wegenetzen und Naturerlebnissen der Region entwickelt.

    Der Gemeinschaftsraum ist mit einer Küche, Sofas, Tischen und einem Projektor ausgestattet. Das Servicegebäude umfasst Duschen, Umkleiden und einen Lagerraum. Beide Bereiche wurden unter einem Dach zusammengefasst und sind durch eine Lobby getrennt. Die Lobby bildet das Herz des Zentrums als Treffpunkt für alle, mit öffentlichem Zugang zum Servicegebäude und kontrolliertem Zugang zu den Vereinsräumen. Das Gebäude ist harmonisch in die Umgebung eingebettet und bietet Raum für vielfältige Entwicklungsmöglichkeiten und Begegnungen. Unter dem Vordach kann man Dänemarks längstes Klettergerüst ausprobieren, eine rund 35 m lange Hangelleiter. Die Stufen am Servicegebäude dienen als Trainingsfläche.

    Auch in der Lobby befinden sich Treppen, die zu einer überdachten Terrasse führen. Von hier gelangt man über eine weitere Treppe zum Fitnessbereich auf der Südseite sowie zum Wald und Flusstal. Unter den Treppen wurden Lagerbereiche angeordnet. Die Toiletten und Duschen befinden sich unter der Terrasse. Gegenüber der Treppe im Eingangsbereich liegt der Zugang zum Vereinsraum. Der Raum mit doppelter Raumhöhe gewährt Zugang zu einer Empore unter dem Dach, von der sich Ausblicke auf die Terrasse und in die Natur bieten. Die Treppen können für pädagogische Zwecke und Gruppenunterricht genutzt werden, zum Entspannen sowie für Treppentraining und andere Schnell- und Sprungkraftübungen.

    Das Gebäude besteht aus einem Tragwerk aus Stahl, einer Dachkonstruktion aus Holz mit Stahldach und holzverkleideten Fassaden. Bei der Materialwahl standen Langlebigkeit, Praxistauglichkeit und Funktionalität im Vordergrund. Die verwendeten Materialien sind robust und für die tägliche Nutzung mit nassen und schmutzigen Laufschuhen ausgelegt.

    Erfahrungen aus dem Trailcenter in Kolding

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    Zeichnung: Tegnestuen Mejeriet

    Bisher haben wir sehr gute Erfahrungen mit dem Trailcenter in Kolding gemacht. Oft hört man von Konflikten zwischen Nutzergruppen in der Natur oder von Vereinen, die Anlagen nicht mit anderen teilen wollen. In Kolding konnten alle Sportvereine und anderen Nutzer aktiv in den Entwicklungsprozess eingebunden werden, und es gab es einen wirklich guten Dialog und gegenseitiges Verständnis zwischen den Nutzergruppen.

    Das Trailcenter in Kolding ist inzwischen sehr beliebt. Es wird sowohl als Ausgangspunkt für Outdoor-Sportarten auf den Wegen und Pfaden der Umgebung genutzt als auch für sportliche Aktivitäten im Trailcenter selbst, beispielsweise für TRX-Training, Crossfit und Hindernislauf. Doch auch für diverse Hallensportarten ist das Trailcenter attraktiv. Verschiedene Vereine haben ihr Training in das rund um die Uhr geöffnete Trailcenter an die frische Luft verlegt. Das Training des örtlichen Boxvereins findet beispielsweise am Trailcenter statt, andere Vereine treffen sich hier zu Yoga und Fitnesstraining.

    Das Trailcenter in Kolding hat sich somit zu einer öffentlichen Sportanlage und zu einem Treffpunkt für Outdoor-Sportarten und andere sportliche Aktivitäten entwickelt.

    Wir hoffen, bald noch mehr Kinder im Trailcenter zu sehen, denn bisher wird es vornehmlich von Erwachsenen genutzt. Unsere Idee, ein Trailcenter in einer städtischen Umgebung zu bauen, bestand darin, Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit zu geben, zu Fuß zum Trailcenter zu gehen oder mit dem Fahrrad dorthin zu fahren und Sport im Freien damit zu einer echten Alternative für Kinder zu machen.

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