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Neue Jordal Amfi-Arena in Oslo, Norwegen

veröffentlicht in sb 1/2021

Transparent, kompakt und energieeffizient

Die neue Jordal Amfi-Arena wurde am Standort ihrer legendären, gleichnamigen Vorgängerin erbaut. Sie fasst 5.300 Zuschauer und verfügt auf vier Etagen und diversen Tribünen über eine Bruttoinnenfläche von 14.500 m². Hille Melbye Arkitekter entwarf und optimierte die Arena für nationale und internationale Eishockeyturniere, sie kann aber auch für andere Sportarten und Veranstaltungen genutzt werden. Die Anlage befindet sich in der nordwestlichen Ecke des Jordal Sportparks in Oslo. Im Basisgeschoss ist die Arena direkt mit der ­benachbarten Trainingshalle für Eishockey, der Jordal Ungdomshall, verbunden.

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Foto: Einar Aslaksen / Pudder Agency

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Foto: Einar Aslaksen / Pudder Agency

Das Arenaprojekt ist Teil einer umfassenden Neugestaltung des Jordal Sportparks, in deren Rahmen auch ein unterirdisch kanalisierter Fluss renaturiert wurde. Der Park liegt inmitten dichter urbaner Bebauung nur zwei Kilometer östlich des Stadtzentrums.

Die neue Wettkampfanlage in Jordal führt die lange und traditionsreiche Geschichte des Eissports am Standort fort. Die alte Jordal Amfi-Arena wurde als nicht überdachter Austragungsort für die Olympischen Winterspiele 1952 in Anlehnung an das Modell des antiken Theaters erbaut. Sie war aufgrund ihrer spannungsvollen intimen Atmosphäre und asymmetrischen Tribünen, die der umgebenden Landschaftsform folgten, eine einzigartige und sehr standortspezifische Arena. Liebhaber der Osloer Geschichte forderten die Beibehaltung einiger der architektonischen Besonderheiten der alten Arena, denen sie ihren legendären Status verdankte.

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Hille Melbye Arkitekter

Gut zu wissen

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Foto: Einar Aslaksen / Pudder Agency

Standort
Oslo, Norwegen

Bauherr/Betreiber
Kultur- og Idrettsbygg Oslo KF

Architekten
Hille Melbye Arkitekter
NO – 0182 Oslo
www.hmark.no

Landschaftsarchitekten
Bjørbekk & Lindheim

Eishockeybande
Vepe Oy
www.vepe.fi

Autoren
Magnus Sandberg Johansen und Robin Rakke (Hille Melbye Arkitekter)
Kristina Bødal (Kultur- og Idrettsbygg Oslo KF)

Fotos
Einar Aslaksen / Pudder Agency

Eröffnung
Oktober 2020

Baukosten
694 Millionen NOK
(66,6 Millionen EUR)

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Hoher Grad an Transparenz

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Foto: Einar Aslaksen / Pudder Agency

Diese Forderung fand in zwei grundlegenden Gestaltungsregeln für die neue Arena Ausdruck: eine asymmetrische Zuschauertribüne, die der Geländeform folgt, und ein geneigtes Dachband, das den Gebäudekörper sanft umhüllt undoptisch verkleinert. Am Südende erhebt sich das Dachband abrupt nach oben und nimmt damit die Dachform des Bühnengebäudes der alten Jordal Amfi-Arena auf.

Die alte Arena war – wie so viele Sporthallen früherer Generationen – ein introvertiertes dunkles Oval, das sich der Öffentlichkeit nur sporadisch bei Veranstaltungen öffnete. Im Gegensatz hierzu kommuniziert die neue Arena mit ihrer Umgebung. Das tägliche Sportgeschehen im Inneren ist von den umliegenden Wegen und Parkanlagen durch die transparente Fassade direkt sichtbar und soll die Passanten inspirieren. Über die physische Interaktion mit dem Gelände wurden Flächen für Freizeitaktivitäten für unterschiedlichste Zielgruppen geschaffen.

Terrassenförmiges Gelände – einladender ­Charakter

Mithilfe der terrassenförmigen Landschaftsgestaltung soll die Jordal Amfi-Arena zu einer Arena im Park werden und nicht zu einem geschlossenen Kasten, der von einem Park umgeben ist. Die terrassierte Umgebung erforderte einen anderen Planungsansatz als die meisten anderen Arenen auf ebenem Gelände. Die Zuschauer betreten die Anlage auf der Ebene, die direkt über ihren jeweiligen Tribünenplätzen liegt. Die Betonbodenplatten wurden auf allen Ebenen über die Fassade hinaus nach außen verlängert und bilden Eingangsbereiche, die in die terrassenförmige Landschaft hineinführen.

Der Platzmangel am Standort führte zu einer sehr kompakten und intimen Arenaschüssel. Die Zuschauerplätze gliedern sich in einen Ober- und einen Unterrang, die sich jeweils auf einer Ebene mit dem umgebenden Gelände befinden. Der Unterrang ist symmetrisch, der Oberrang asymmetrisch geformt. Die seitliche Lücke zwischen den Tribünen wurde minimal gehalten, um eine Konzentration der Zuschauer und eine dichte Atmosphäre zu erzielen. Die Betontribüne verläuft in der Draufsicht gekrümmt und wurde nicht in abgegrenzte Segmente unterteilt. Hierdurch ist die Sitzplatzqualität einheitlicher, unabhängig davon, ob sie sich auf der Haupttribüne, in der Kurve oder an der Kurzseite ­befinden. Die Arena wird von 60 Meter langen Stahlträgern mit gebogenen Untergurten überspannt. Diese Form­gebung verstärkt die Wahrnehmung des Innenraums als Schüssel.

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Foto: Einar Aslaksen / Pudder Agency

Intelligentes Energie- und Belüftungssystem

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Foto: Einar Aslaksen / Pudder Agency

Der Komplex erfüllt die energetischen Anforderungen an ein Passivhaus und ist aufgrund verschiedener Lösungen als hochgradig energieeffiziente Anlage klassifiziert. Klimazonen, Energiemanagementsysteme, automatischer Sonnenschutz, Solarkollektoren, Dachbegrünung und 30 geothermische Tiefenbohrungen machen die Arena dreimal energieeffizienter als ihre Vorgängerin. Die neue Jordal Amfi war eines der ersten Bauprojekte Norwegens, das ganz ohne fossile Energieträger auskam.

Die Abwärme aus der Kälteerzeugung für die Eishalle und die Wärmerückgewinnung aus der Belüftungsanlage wird zur Beheizung verschiedener Arenabereiche genutzt. Das System ist mit der benachbarten Trainingshalle verbunden, wodurch Flexibilität und Energieeinsparungen erhöht werden. Über das aus 30 Tiefenbohrungen bestehende Erdwärmesystem wird die im Sommer gespeicherte Energie im Winter für das Gebäude nutzbar gemacht. Damit deckt die Arena 95 Prozent ihres Energiebedarfs selbst.

Zur Senkung des Energieverbrauchs wurde die Anlage in drei Klimazonen unterteilt. Die offene Arenaschüssel ist durch eine physische Klimabarriere von den benachbarten wärmeren Bereichen abgetrennt und in die Klimazonen Eisfläche und Zuschauerbereiche aufgeteilt. Auf den Zuschauertribünen wurden unter jedem Sitz Lüftungsöffnungen vorgesehen. Verschiedene Belüftungssysteme können auf die jeweils vorherrschenden klimatischen Bedingungen und die Anzahl der Zuschauer in der Halle abgestimmt werden.