Expertenkreis für urbane Bewegungsräume nimmt Arbeit auf

Das Kick Off Treffen des Expertenkreises für urbane Bewegungsräume fand am 4. Mai statt, die IAKS Mitglieder trafen sich virtuell.

Unter der Leitung von Maria Keinicke (Architekturbüro KEINGART) und Holger Kortbek (Gemeinde Gladsaxe), beide Dänemark, diskutierten 18 Fachleute aus acht Ländern über aktuelle Entwicklungen zu Bewegungsaktivitäten in der Stadt sowie die Erwartungen seitens der Nutzer und der öffentlichen Verwaltung an urbane Aktivräume.

Städte wachsen an Größe und Einwohnerzahl, Baugrund ist teuer. Raum für Sport und Freizeit muss frühzeitig priorisiert werden, um die Schaffung von aktiven Räumen zu gewährleisten, die frei für alle verfügbar sind, als niederschwelliges Angebot. Nutzergruppen und ihre spezifischen Bedürfnisse können einen Interessenkonflikt verursachen.

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Maria Keinicke (Architekturbüro KEINGART), die Leiterin des Expertenkreises, bittet die Teilnehmer, neue Ideen für den sich wandelnden Bedarf an urbanen Bewegungsräumen zu entwickeln.

Zum Auftakt zeigte Keinicke aktuelle Herausforderungen und Trends für aktive urbane Räume aus dänischer Sicht auf:

  1. Von drinnen nach draußen
    Bedingt durch Schließungen während der Pandemie haben Menschen ihre Bewegungsaktivitäten nach draußen verlagert, zum Beispiel Gymnastik. Werden sie mit diesen Erfahrungen wieder geschlossene Räume aufsuchen?
  2. Von vordefinierter zu offener Nutzung
    Spielplätze und Bewegungsräume werden einen Wandel von einer vorbestimmten Nutzung hin zu einem offeneren Angebot an Aktivitäten erfahren, wo Menschen kreative Ideen entwickeln und eine aktive Rolle bei der Gestaltung ihres Umfelds einnehmen.
  3. Von Sommermonaten zur ganzjährigen Nutzung
    Bewegungsaktivitäten im Freien sind nicht länger auf die Sommermonate beschränkt, sondern werden ganzjährig draußen praktiziert. Dies erfordert adäquate Infrastruktur hinsichtlich Bodenbeläge, Beleuchtung, Schutzhütten.
  4. Von mono- zu multifunktionaler Nutzung
    Öffentliche Räume werden zukünftig mehrschichtige Angebote bereithalten, auch für das soziale Miteinander. Treppenstufen zum Beispiel dienen dem Training mit dem Springseil, als erholsame Sitzgelegenheit und als Treffpunkt mit Freunden.
  5. Von drei zu sechs Altersgruppen
    Die frühere Unterteilung in drei Altersgruppen (Kinder – Erwachsene – Senioren) erstreckt sich zukünftig auf sechs Gruppen (Kinder, Jugendliche, junge Erwachsene, Erwachsene, Senioren und Oldies). Jede Gruppe hat unterschiedliche Bedürfnisse. Die Anzahl der Senioren und Oldies wächst. Sie erfreuen sich guter Verfassung und leben ein längeres und aktiveres Leben.

Die Teilnehmer tauschten ihre Erfahrungen zur Situation in ihren Ländern aus. Einhellig war man der Meinung, dass ein ungesunder Lebensstil oft schon im Kindesalter beginnt, durch falsche Ernährung und Bewegungsmangel. Kinder sollten beim Spielen auch kalkulierbare Wagnisse kennenlernen.

Beobachtungen zu den Trends in Europa, Japan und Südamerika:

  • Deutschland: Kombination verschiedene Nutzungsarten in einer Anlage (zum Beispiel Calisthenics und Spielplatz), niederschwelliges Angebot für neue Nutzergruppen
  • Schweiz: der Fokus wendet sich vom klassischen Sportplatz hin zu jeglichem Raum für Bewegung, neue Möglichkeiten außerhalb von Verein und organisiertem Sport
  • Dänemark
    • Spazieren gehen, auch mit dem Hund, ist eine der Hauptaktivitäten. Brauchen wir mehr Räume, die Menschen zum Spaziergang animieren, so dass sie von dort aus andere Aktivitäten aufnehmen?
    • „Belohnungen“ als Anreiz um zu Fuß zu gehen oder mit dem Rad zu fahren. Städte und Gemeinden sollten Fuß- und Radwege attraktiver gestalten.
  • Skandinavien:
    • In Norwegen wird das ganzjährige Schwimmen im Freien immer populärer, es gibt mehr weibliche als männliche Schwimmer.
    • In Dänemark stieg die Anzahl der Winterschwimmer um 40.000 Mitglieder (dreimal mehr als bei Fußball)
    • Berg- und Wintersport war aufgrund der Reisebeschränkungen während der Pandemie nicht möglich; Städte und Gemeinden sollten alternative Bewegungsangebote ermöglichen.
  • Deutschland: steigender Bedarf an Freizeitangeboten für die ganze Familie. Die Familienmitglieder haben unterschiedliche Bedürfnisse (zum Beispiel: Vater: Laufen, Mutter: Erholung: Kleinkind: Spielplatz, Sohn: Fußball, Tochter: chillen).
  • Japan: die vorübergehende Nutzung von öffentlichen Räumen für körperliche Bewegung kann neue Möglichkeiten eröffnen.
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Zusammenfassend werden die Begriffe „Bewegungsaktivitäten“ und „Sport“ in der Gesellschaft eine neue Bedeutung erhalten. Früher begann man in Kindertagen mit einer Sportart, zum Beispiel Fußball, und blieb ein Leben lang dabei. Heutzutage sind Jugendliche und Erwachsene offen dafür, viele verschiedene Aktivitäten zu probieren und zu praktizieren, oft parallel nebeneinander.

Die Teilnehmer schätzten den Erfahrungsaustausch untereinander und werden ihre Fachgespräche in kleineren Arbeitsgruppen fortführen, bevor sie sich im Oktober zu FSB und IAKS Kongress treffen, hoffentlich persönlich vor Ort in Köln.